Grundlagen der Motivierenden Gesprächsführung
Kooperation Akzeptanz Mitgefühl Evokation Offene Fragen Zusammenfassen Affirmation (Würdigung) Reflektierendes Zuhören Informationen austauschen Dem Korrekturreflex widerstehen Diskrepanz entwickeln Geschmeidiger Umgang mit Widerstand Den Gesprächspartner stärken Empathie

Kooperation

Beratende und Hilfesuchende begegnen sich auf Augenhöhe. Der Beratende verfügt über Fachkenntnisse und der Hilfesuchende ist der Experte für seine eigenen Lebensumstände und früheren Versuche, etwas zu verändern.

Akzeptanz

Der Berater sollte akzeptieren, wer der Hilfesuchende ist, ohne ihn zu verurteilen oder zu bewerten. Die Motivierende Gesprächsführung geht davon aus, dass alle Menschen das Potenzial haben, Veränderungen vorzunehmen, und dass es notwendig ist, den Hilfesuchenden als gleichwertigen Partner in diesem Prozess zu betrachten.

Mitgefühl

"Mitgefühl zeigt sich darin, dass wir das Wohlbefinden des anderen aktiv fördern und seinen Bedürfnissen Priorität einräumen. Denn unser Tun soll den Interessen des Hilfesuchenden dienen und nicht in erster Linie uns selbst nützen. Mitgefühl
bedeutet, sich bewusst für das Wohl anderer einzusetzen und in ihrem besten Interesse zu handeln." (Miller und Rollnick)

Das Mitgefühl wurde 2013 in die Motivierende Gesprächsführung aufgenommen, da ohne Mitgefühl die Motivierende Gesprächsführung auch manipulativ eingesetzt werden kann.

Evokation

Evokation kann man mit „Hervorrufen“, „Hervorlocken“, „Freisetzen“ übersetzen. In der Motivierenden Gesprächsführung geht man davon aus, dass die Hilfesuchenden die Motivation und Fähigkeiten zur Veränderung bereits in sich tragen. Ziel ist es, die Hilfesuchenden zu unterstützen, ihre Ressourcen zur Veränderung zu entdecken.  Durch den Einsatz von Evokation in der Motivierenden Gesprächsführung können Gesprächspartner ihre eigenen Gründe und Motivationen für Veränderungen entdecken und verstärken. Dies kann dazu beitragen, dass Veränderungen nachhaltiger und langfristiger sind, da sie auf intrinsischen Motivationen basieren, die vom Gesprächspartner selbst identifiziert wurden.

Offene Fragen

Offene Fragen sind Fragen, die nicht mit einen einfachen "Ja" oder "Nein" beantwortet werden können. Stattdessen fordern sie den Antwortenden auf, ausführlicher zu antworten und ihre Gedanken, Meinungen oder Erfahrungen zu teilen. Offene Fragen können auch als "explorative Fragen" bezeichnet werden, da sie oft dazu verwendet werden, neue Informationen zu entdecken, Ideen zu generieren oder tiefer in ein Thema einzutauchen.

Einige Beispiele für offene Fragen könnten sein:

  • Was denkst du über dieses Thema?
  • Wie würdest du diese Situation lösen?
  • Was sind deine Erfahrungen mit dieser Sache?
  • Was ist dein Standpunkt in dieser Angelegenheit?

Die Hilfesuchenden erhalten einen Freiraum, damit sie sagen können, was sie denken und empfinden. Offene Fragen signalisieren Interesse und regen die Kreativität bei der Lösungssuche an. Offene Fragen stellen sicher, dass der Redeanteil des Gegenübers höher ist als der des Zuhörenden. Viele Menschen sind bereit, ihr Verhalten zu ändern, wenn sie ihre eigenen Gründe dafür erkennen und artikulieren können.

Zusammenfassen

Eine Zusammenfassung bezieht sich auf eine kurze und prägnante Darstellung der wichtigsten Punkte, die während eines Beratungsgesprächs oder -prozesses besprochen wurden. Sie dient dazu, sicherzustellen, dass alle Beteiligten das gleiche Verständnis von den besprochenen Themen haben und, dass wichtige Aspekte nicht übersehen oder vergessen werden.

Eine Zusammenfassung kann auch dazu beitragen, das Gespräch zu strukturieren und den Überblick zu behalten.

Hier ein paar Beispiele, wie man eine Zusammenfassung einleiten kann:

  • Ich möchte noch einmal zusammenfassen, was wir heute besprochen haben.
  • Um sicherzustellen, dass ich dich richtig verstanden habe, fassen ich kurz die wichtigsten Punkte zusammen.
  • Bisher hast du gesagt, dass...
  • Folgende Schritte hast du dir bis zu unserem nächsten Gespräch vorgenommen...

Affirmation (Würdigung)

Affirmation bezieht sich auf die Bestärkung und Unterstützung des Hilfesuchenden. Affirmationen sind positive Aussagen, die das Gegenüber in seiner Selbstwahrnehmung, seinem Selbstvertrauen und seinem Selbstwertgefühl stärken sollen. Sie können dazu beitragen, dass der Hilfesuchende seine Stärken und Ressourcen erkennt und sich auf seine Erfolge und Fortschritte konzentriert.

Würdigungen können in der Beratung auf verschiedene Weise eingesetzt werden, wie zum Beispiel durch das Hervorheben von positiven Eigenschaften, das Betonen von Fortschritten und Errungenschaften oder das Ermutigen von Selbstmitgefühl und Selbstakzeptanz.

Reflektierendes Zuhören

Reflektierendes Zuhören ist eine Technik in der Beratung, bei der der Berater aktiv zuhört und dem Hilfesuchenden die Möglichkeit gibt, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Der Berater wiederholt oder paraphrasiert dann das, was das Gegenüber gesagt hat, um sicherzustellen, dass er richtig verstanden hat, was der Hilfesuchende meint. Ziel ist es, dem Gegenüber zu helfen, seine eigenen Gedanken und Gefühle zu erkennen und zu verstehen und ihn dabei zu unterstützen, seine eigene Lösung zu finden. Durch reflektierendes Zuhören wird das Vertrauen zwischen Berater und Hilfesuchenden gestärkt und eine bessere Zusammenarbeit ermöglicht. Ebenfalls hilft es, Missverständnisse zu vermeiden.

Mit einer Reflexion versuchst du nachzuvollziehen, was der Hilfesuchende meint. Du kannst dich dabei am folgenden Punkten orientieren:

  • Inhalt
  • Gefühl
  • Bedeutung/ Wichtigkeit

Informationen austauschen

Hierbei geht es darum, zu erfahren, was der Hilfesuchende bereits weiß. Dies muss dann nicht mehr thematisiert werden. Es geht aber auch darum, dem Hilfesuchenden Unterstützung anzubieten.  Dies geschieht niemals ohne mich zu vergewissern, dass der Hilfesuchende die Information auch haben möchte.

Wie gelingt das? (Vier Schritte)

  1.  Um Erlaubnis fragen: Bist du damit einverstanden, dass ich dir...?
  2. Evokation: Was weißt du schon darüber? Brauchst du noch Informationen über...?
  3. Informationsangebot: Was anderen in ähnlichen Situationen geholfen hat, ist... (Verschiedene Möglichkeiten anbieten) aus Studien ist bekannt, dass...
  4. Evokation: Was bedeutet diese Information für dich? War die Information für dich hilfreich? Welche Gedanken gehen dir dabei durch den Kopf?

Dem Korrekturreflex widerstehen

Der Korrekturreflex bezieht sich auf die Tendenz eines Beraters, Lösungen für die Probleme eines Hilfesuchenden vorzuschlagen oder Ratschläge zu geben, anstatt dem Hilfesuchenden zu helfen, seine eigenen Lösungen zu finden. Es ist ein Reflex, der aus dem Bedürfnis des Beraters entstehen kann, dem Hilfesuchenden zu helfen, aber es kann auch dazu führen, dass der Hilfesuchende sich nicht gehört oder verstanden fühlt.

Der Korrekturreflex kann in der Beratung problematisch sein, da er die Autonomie des Hilfesuchenden einschränkt und ihm das Gefühl geben kann, dass er nicht selbst in der Lage ist, seine Probleme zu lösen. Stattdessen sollte der Berater dem Gegenüber helfen, seine eigenen Lösungen zu finden, indem er einfühlsam zuhört, offene Fragen stellt, die Sichtweisen des Anderen versucht zu verstehen und ihm dabei hilft, seine eigenen Ressourcen zu entdecken.

Ein Beispiel für den Korrekturreflex in der Beratung könnte sein:

Hilfesuchender: "Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich liebe meine Partnerin, aber ich halte es nicht aus, dass sie jeden Tag trinkt.“

Berater: "Ich verstehe, was du meinst. Vielleicht solltest du deine Partnerin verlassen oder ihr besucht gemeinsam eine Selbsthilfegruppe.“

In diesem Beispiel gibt der Berater dem Hilfesuchenden eine Lösung für sein Problem vor, anstatt ihm zu helfen, seine eigenen Lösungen zu finden. Stattdessen sollte der Berater dem Gegenüber helfen, seine Gedanken und Gefühle zu erkunden und ihm dabei helfen, seine eigenen Lösungen zu finden, die auf seinen Werten, Überzeugungen und Ressourcen basieren.

Diskrepanz entwickeln

Diskrepanzen entwickeln bedeutet, dass Hilfesuchende unterstützt werden, ihre eigenen Widersprüche zu entdecken. So können Hilfesuchende feststellen, dass ein Unterschied besteht zwischen ihrer aktuellen Situation und dem, was sie sich früher einmal für sich erhofft hatten oder sich heute für die Zukunft wünschen würden. Wahrgenommene Diskrepanzen zwischen dem gegenwärtigen Verhalten und den eigenen Werten und Zielen motivieren zu Veränderungen. Dabei sollen die Hilfesuchenden die Argumente für eine Veränderung selbst entwickeln und äußern.

Geschmeidiger Umgang mit Widerstand

Es ist wichtig, den Hilfesuchenden im Gespräch nicht mit Argumenten für Veränderung zu überzeugen. Oft reagieren Hilfesuchende mit Gegenargumenten. Es ist hilfreicher, den Hilfesuchenden zu neuen Perspektiven einzuladen und nicht vorzuschreiben was richtig oder falsch ist. Hilfesuchende reagieren widerständig gegen solches Vorgehen. Widerstand ist ein Signal, die Vorgehensweise zu ändern. Widerstand aufzunehmen bedeutet Gegenreaktionen konstruktiv zu bearbeiten. Widerstand ist keine negative Eigenschaft, sondern ein Hinweis, dass die Gesprächsführung nicht zur Verhaltensänderung bei Hilfesuchenden geführt hat. Gleichzeitig gibt Widerstand Aufschluss über Hoffnungen, Wünsche und Ängste, die aufgegriffen werden können und zur Lösungsfindung beitragen können. Durch aktives Zuhören und Betonung der Entscheidungsfreiheit kann sinnvoll mit Widerstand umgegangen werden

Den Gesprächspartner stärken

Der Glaube, sich verändern zu können, ist ein wichtiger Motivator. Der Hilfesuchende ist für die Entscheidung zur Veränderung und deren Umsetzung verantwortlich. Insgesamt soll der Hilfesuchende in der Annahme bestärkt werden, dass er Veränderungen aus eigener Kraft erreichen kann.

Empathie

Empathie ist die Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen der Hilfesuchenden einzufühlen. Empathie ist eine entscheidende Voraussetzung, um Motivation aufbauen zu können.
Durch Empathie können Ansätze zur Motivationsbildung gefunden und Widerstände von Seiten der Hilfesuchenden vermieden werden. Wichtig ist, das Verhalten einer Person nicht zu kritisieren, sondern die Person mit ihrem Verhalten anzunehmen. Dem Hilfesuchenden wird dadurch geholfen seine eigenen Erfahrungen, Werte, Ideen und Entscheidungen zu reflektieren und zu verstehen.