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Sucht-Selbsthilfegruppen während des Corona-Lock-Downs

Zusammenhalt oder Entfremdung?

Gemeinschaft, Zusammenkünfte in Gruppen, Treffen mit Gleichgesinnten, gegenseitige Unterstützung und Hilfe sind die Stärken der Selbsthilfe. Dann kam Corona. Niemand war auf den Lockdown vorbereitet. Gerade die Selbsthilfe, die auf und den persönlichen Kontakt angewiesen ist, wurde durch die Situation in den vergangenen Monaten auf eine harte Probe gestellt. Es war nicht abzusehen, ob und wie es überhaupt weitergeht. Wir haben uns damit arrangiert und inzwischen kommen die meisten Gruppen wieder zusammen. Vorbei ist es aber immer noch nicht und für die gewohnten Freizeitaktivitäten ist vorläufig nur wenig Spielraum gegeben.

Was hat die Corona-Krise mit der Selbsthilfe, mit unseren Gruppen und mit unserem Vereinswesen gemacht?

Diese Frage ist mir durch den Kopf geschossen, nachdem wir uns nun endlich wieder treffen konnten. Die Guttempler in Berlin haben rund 400 Mitglieder. Haben die einzelne Gruppen Wege gefunden, den Kontakt zu halten und den Austausch miteinander fortzusetzen? Ich habe mich umgehört, die Stimmen sind zwar nicht repräsentativ, geben aber einen ersten Eindruck wieder.

Ein Teil der Gruppen hat den Kontakt über soziale Medien fortgesetzt und sich zum Beispiel über WhatsApp ausgetauscht. Für manchen ist das die tägliche Praxis, andere taten sich schwerer damit. Mimik und Gestik nicht zu sehen und auf schriftliche Kommunikation umzusteigen war für viele ein Novum.

Andere Gruppen tauschen sich per Videokonferenz aus. Wir sind gespannt, wie sich die Erfahrungen auf die Zukunft auswirken. Der Vorschlag, virtuelle Gruppen dauerhaft einzurichten, wird inzwischen auf vielen Ebenen diskutiert, denn auch über die Coronakrise hinaus bietet diese Technik die Möglichkeit, Menschen mit eingeschränkter Mobilität an den Angeboten der Suchtselbsthilfe teilnehmen zu lassen.

Andere halten den Kontakt per Telefon. Hierzu nutzen die Gruppen auch Systeme für Gruppentelefonate und treffen sich zu festen Telefonzeitenzeiten. Es war zu Anfang ungewohnt, nur die Stimmen zu hören, statt die gewohnten Gesichter zu sehen. Und das obwohl aber die meisten Gruppenmitglieder sich zum Teil schon lange kennen.

Eine besondere Herausforderung war die Einbindung von neuen Hilfesuchenden in bestehende Gruppen.

Wir wissen aus Erfahrung, dass es ein langer Weg sein kann, erstmalig Kontakt zu einer Gruppe aufzunehmen. Wenn keine Möglichkeit besteht, nach dem Erstkontakt Vertrauen durch persönliche Begegnungen herzustellen, bleiben Menschen in dieser wichtigen Phase leider allzu oft auf der Strecke. Selbsthilfe braucht Kontinuität. Durch die ständig veränderten Gegebenheiten, Regelungen und Maßnahmen war der gewohnte Übergang vom telefonischen Kontakt in die Gruppe oft zum Scheitern verurteilt.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass es viele Versuche gegeben hat, den Kontakt unter den schwierigen Bedingungen zu halten.

Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Selbsthilfe großer Bedarf besteht, sich neuen Kommunikationsformen und -techniken zu öffnen. Dass es uns zum Teil kalt erwischt hat, lag weniger an der Akzeptanz als an fehlenden Kenntnissen und Routine im Umgang mit diesen Möglichkeiten. Dies sollte auch bei der Planung künftiger Weiterbildungsangebote berücksichtigt werden.

Umso mehr freuen wir uns jetzt mit den SoberGuides ein Angebot in der Sucht-Selbsthilfe geschaffen zu haben, um gerade neuen Hilfesuchenden eine erste Anlaufstelle und Begleitung anzubieten.

Was mich interessieren würde: Wie waren eure Erfahrungen? Welche Möglichkeiten habt ihr gefunden und genutzt, die Kommunikation aufrecht zu halten? Was hat gut funktioniert, was nicht? Woran haben wir vielleicht noch gar nicht gedacht? Was kann man weiterhin nutzen und was braucht die Suchtselbsthilfe für die Zukunft?

Ich freue mich auf eure Kommentare.

Viele Grüße, eure Sabine

SoberGuide für:
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